Rezension zu Zwischen uns ein ganzes Leben von Melanie Levensohn

 

Auf dem Sterbebett ihres Vaters erfährt Jacobina das sie eine Halbschwester hat. Die junge Frau ist erstaunt, dass der Vater nie über sie gesprochen hat. Judith war Jüdin und lebte mit ihrer Mutter in Frankreich. Doch der Vater liess die Familie im Stich und ging zurück nach Rumänien. Er hat danach nie wieder Kontakt zu seiner Ältesten gehabt. Der Vater nimmt Jacobina das Versprechen ab, nach Judith zu suchen.

2006 Jacobina ist eine alte Frau, die mit Hilfe einer Organisation in Washington mehr schlecht als recht lebt. Da erhält Jacobina unvermittelt Hilfe von der Französin Béatrice. Die junge Frau arbeitet für die Weltbank und wird nach einem Missgeschick in das Archiv verbannt. Der Raum ist seit Jahren nicht betreten worden und so sieht er auch aus. Doch Béatrice nimmt es als Chance Judith zu suchen.

1940 die Studentin Judith arbeitet um sich und ihre Mutter durch zu bringen. Sie verliebt sich in einen reichen, jungen Mann. Doch die Situation für die Juden wird immer kritischer, als die deutsche Wehrmacht in Paris einmarschiert und das Leben der Juden immer mehr beschneidet. Christian und Judith beschließen zu fliehen. Doch auf einmal ist Judith nicht mehr zu finden.Me

Melanie Levensohn hat leicht verändert die Geschichte einer Verwandten ihres Mannes erzählt. Die Geschichtsstränge sind so dicht verwoben, dass der Leser aus der Gegenwart immer wieder in die Vergangenheit gezogen wird. Ich danke auch dem Fischer Verlag für dieses aussergewöhnliche Buch. Da ich einen Opa hatte, der mit zu den Besatzern gehörte, obwohl er nicht die NSDAP mochte, weiß ich das die Geschichte sehr wahr ist.

 

Interview mit Melanie Levensohn zu ihrem realen Leben in Kalifornien

Heute habe ich die Autorin Melanie Levensohn auf meinem Blog zu Gast. Ich habe der Autorin einige Fragen zu ihrem Leben in Kalifornien gestellt. Melanie Levensohn hat mir sehr offene und ehrliche Antworten gegeben. Ich hoffe Euch gefallen die Antworten. Mir hat es sehr viel Freude gemacht mit Melanie zusammen zu arbeiten.  Vielen lieben Dank auch für das Bildmaterial, dass mir die Autorin zur Verfügung gestellt hat.

Melanie und ihr Mann Pascal

Wie ist die Idee entstanden nach Kalifornien zu ziehen, liebe Frau Levensohn?

Zuerst habe ich in Köln, Paris und Santiago de Chile Literatur und Internationale Beziehungen studiert. 1999 bin ich für zwei Jahre in die USA gezogen, um für die Weltbank in Washington D.C. zu arbeiten. Dann holte mich die Weltgesundheitsorganisation nach Genf. Fünf Jahre war ich für die WHO als Pressesprecherin in der ganzen Welt tätig. 2006 hat mir die Weltbank ein Jobangebot gemacht, dem ich nicht widerstehen konnte, und so ging ich wieder nach Washington zurück.
Vor sechs Jahren habe ich dann meinen Mann kennengelernt und bin ein Jahr später zu ihm nach Kalifornien gezogen. Seitdem wohnen wir mit unserer kleinen Tochter im Napa Valley.

Weinlabel der Familie Levensohn.

Was ist das Besondere an Ihrem Wein liebe Frau Levensohn?

Wir haben zwei Hektar Land, auf dem wir Cabernet Sauvignon anbauen. Einen Großteil des Traubenertrags verkaufen wir, aus dem Rest produzieren wir unseren eigenen Bio-Wein. Das Levensohn-Weinlabel war das erste gemeinsame Projekt von meinem Mann und mir. Wir haben ganz klein begonnen und das Geschäft Schritt für Schritt ausgebaut und professionalisiert. Mittlerweile arbeiten wir mit einem renommierten Weinmacher aus Bordeaux zusammen und haben im Januar 2018 vom Wine Advocate 95 Parker-Punkte bekommen. Das war eine besondere Auszeichnung für uns. Die Arbeit mit dem Wein ist zwar nur eine Nebenbeschäftigung, aber die Produktion und Vermarktung nehmen viel Zeit in Anspruch. Unser Wein wird primär in Amerika verkauft, natürlich auf unserer Website – levensohnvineyards.com – und in einigen ausgewählten Weinläden und Restaurants in Frankreich, Deutschland und der Schweiz.

Das Besondere an unserem Wein ist, dass er nicht so fruchtig und schwer wie die anderen typischen Rotweine aus dem Napa-Valley schmeckt. Wir orientieren uns eher an den französischen Rotweinen und haben einen Tropfen geschaffen, der elegant und tiefgründig ist und hervorragend altert.

 

 

Was bedeutet es Ihnen den Namen der Großkusine, Melanie Levensohn, ihres Mannes zu tragen?

Diese unglaubliche Fügung, dass nach genau siebzig Jahren wieder eine Melanie Levensohn in die Familie meines Mannes zurückkehrte – auch noch aus Deutschland –, war für uns alle ein riesiges emotionales Erdbeben.
Mein Mann erfuhr erst 2005 von der anderen Melanie Levensohn, als Melanies Halbschwester, Jacobina Löwensohn, sie nebenbei erwähnte. Ihr Vater Lica hatte Jacobina am Sterbebett von der unbekannten Schwester erzählt und ihr das Versprechen abgenommen, sie zu suchen. Zehn Jahre hat Jacobina nach Melanie Levensohn recherchiert. Dabei hat sie unzählige Menschen kontaktiert und Institutionen besucht. Alle Spuren endeten in Auschwitz.
Es gibt einen Ordner von Jacobina mit Faxen, Briefen und Dokumenten. Dieser Ordner »Melanie Levensohn« stand bei meinem Mann im Büro. Vor ein paar Jahren habe ich ihn entdeckt und bin in ihr trauriges Schicksal eingetaucht.

Mein identischer Name und Melanies Schicksal haben mich nicht mehr losgelassen. Schnell wurde mir klar, dass ich ihr ein Andenken schaffen musste. Und so ist dieses Buch entstanden. Mein Roman ist jedoch keine Biographie, die Charaktere sind alle erdacht.
Davon abgesehen zeigt mir dieser unglaubliche Zufall mit dem selben Namen, dass manche Menschen einfach dazu bestimmt sind, sich zu begegnen. Eine höhere Macht hat meinen Mann und mich zusammengebracht, daran glaube ich fest.

 

Gibt es weitere Ideen für ein neues Buch?

Oh ja, mein zweiter Roman ist bereits zu Zwei-Dritteln geschrieben und ebenfalls eine hochemotionale Geschichte. Es geht wieder um Flucht, Entwurzelung und Verlust der Identität. Aber dieser Roman hat keine historische Komponente, sondern widmet sich einem hochpolitischen und zeitgenössischen Thema: den illegalen Flüchtlingsströmen, die aus Zentralamerika in die USA kommen. Aber es geht auch um Muttersein: um Muttersein-Wollen und Nicht-Muttersein-Können, etwas, das sicherlich alle Frauen irgendwann und irgendwie beschäftigt.

Ich habe für dieses Buch sehr viel gelesen und recherchiert, bin durch halb Guatemala gereist und habe Flüchtlingsheime in Mexiko besucht. Ich kann es kaum erwarten, meinen Lesern dieses neue Buch vorzustellen.

 

Was haben Sie,liebe Frau Levensohn, für weitere Hobbies?

Ich spiele gern Klavier und gehe für mein Leben gern auf lange, anstrengende Wandertouren. Ich war schon auf vielen abenteuerlichen Touren unterwegs, zum Beispiel in Peru und Bhutan, wandere aber genauso gern durch Österreich und Süddeutschland, wo es traumhafte Wege zu erkunden gibt.

 

Vermissen Sie, liebe Frau Levensohn, ihr Leben in Deutschland?

Ja, ich vermisse Deutschland und Europa sehr! Je länger ich aus meiner Heimat fort bin, desto mehr vermisse ich sie – vielleicht liegt das am Älterwerden … Aber Kalifornien ist wunderschön, und es lässt sich hier natürlich hervorragend leben. Trotzdem bin ich Europa immer sehr verbunden geblieben.

Ich danke Melanie Levensohn für das sehr offene Interview sowie das Bildmaterial.

 

Das Haus der Familie Levensohn in Kalifornien.